Das neue Gartenbewusstsein

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Erdbeeren in unserem Garten

Erdbeerstauden in unserem Garten

Momentan tun wir, was alle andern auch tun, die einen Startgarten oder einen Balkon haben: Wir sähen im Frühling Blumensamen auf die Erde, wir züchten Cherry-Tomaten in Töpfen oder Peperoncini. Wir haben zwei Eternitkasten mit Erdbeerstauden in unserem Garten. Wir haben Sträucher und Buchsbäume, die ich in den letzten Jahren mit indischem Neemöl gegen den Buchsbaumzünsler verteidige. Die Natur in unserem Garten käme auch ohne uns aus. Sie würde sich einfach etwas anders entwickeln. Unkraut ist schliesslich nur Kraut, dass am falschen Ort wächst. Wer den eigenen Garten hingegen nach ästhetischen Prinzipien organisieren will, der muss sich ranhalten, dran bleiben, zum Rechten sehen…

Nicht nur Ästhetik

In den letzten Jahren ist auch bei uns die Einsicht gewachsen, dass nicht rein gestalterische oder funktionale Prinzipien unsere Gärten prägen sollten. Wir lassen seither mehr Laub und Totholz im Garten liegen. Wir haben ein Igelhaus an strategischer Lage platziert. Seither, warten wir ungeduldig auf einen Gast. Ich habe Gartenskabiosen auf kleinen Torfballen in meinem Arbeitszimmer angesät, knapp vor dem Schimmeltod gerettet und später erfolgreich nach aussen gesetzt. Und ich habe einen luxuriösen Insektenlandsitz zum Geburtstag verschenkt, der mittlerweile in Südostlage an einer Holzwand hängt. Wir tun vieles, um Wildbienen, Insekten und Schmetterlinge in unseren Garten einzuladen oder Wildtiere. Die Perspektive auf unseren Garten hat sich verändert: Das Schöne, ja unbedingt, aber auch das Nützliche, Umweltschonende und Nachhaltige. Wenn ich mir das jetzt so überlege, dann gab es ein Vorher – die perfekte Tulpe, die duftende Rose, der makellose Rasen – und ein Nachher.

Alles Schall und Rauch?

Als ich heute im Garten sitze, habe ich das Gefühl, die Rechnung sei aufgegangen: Nicht weniger als fünf Kohlweisslinge umtanzen die Lavendelblüten, fette Hummeln landen torkelnd auf den Skabiosen und ein Eichelhäher beschallt mich von einer Eibe herab mit einem wirklich ohrenbetäubenden Krächzen. – Doch was ist das schon im Verhältnis zur Meldung dieser Woche, dass es in Sibirien siedend heiss ist und die Antarktis brennt. Unser Garten dagegen: Alles nur Schall und Rauch! Das Missverhältnis zwischen dem, was ich mit einem etwas ökologischeren grünen Daumen in unserem Garten umsetzen kann und der Grösse der Herausforderungen durch Erderwärmung und Verlust der Artenvielfalt, ist gigantisch. Ist es da nicht lächerlich, sich über das kleine eigene Gartenidyll zu freuen?

Das neue Gartenbewusstsein

Ich denke nicht. Ich habe nicht nur meinen Garten nach den zehn besten Tipps zur Biodiversität „designt“ und mich damit einem weiteren Modetrend hingegeben. Während ich gesät, gedüngt und Schädlinge bekämpft habe, hat sich auch mein Bewusstsein verändert. Heute renne ich in den Garten, um Setzlinge vor einem Gewitter zu schützen. Oder ich hebe den Kopf, um diese übel krächzende Kreatur über mir zu identifizieren, über die ich mich letztlich doch freue. Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Das Umgekehrte ist mindestens ebenso wahr. Das neue Gartenbewusstsein verändert die Art und Weise, wie wir mit der uns umgebenden Natur zusammen leben. Am besten wäre: Viel Gartzenbewusstsein auf viele Menschen verteilt, die nicht nur für den Klimawandel sensibilisiert sind, sondern auch alle in ihrer „kleinen Welt“ etwas tun![/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

About the Author
Seit Dezember 2020 veröffentlicht Claudia Acklin alle drei Wochen eine Episode ihres Podcasts. "Nature and the city - Die Natur und Stadt" beschäftigt sich mit Stadtökologie, Biodiversität und dem Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Stadtbewohner. - Claudia Acklin studierte Designmanagement, Sozialpädagogik und Journalismus und arbeitete mehr als 12 Jahre als Journalistin und Dokumentarfilmerin. Bis 2015 war sie hauptsächlich im Bildungs- und Forschungsbereich tätig und entwickelte neue Studiengänge wie den BA Design Management, International (DMI) oder eine Forschungsgruppe zu Design Management und Design Innovation an der Hochschule Luzern - Design & Kunst. Sie ist Gründungsmitglied des Vereins "Swiss Design Transfer", einem regionalen Zentrum für Designpromotion und -unterstützung für KMU. Und sie war die Gründerin und erste Geschäftsführerin des Creative Hub, einer Plattform zur Unterstützung von Start-ups im Schweizer Designsektor. Sie hat einen Doktortitel in Design von der Lancaster University/Imagination mit besonderem Schwerpunkt auf Innovation und Designmanagement. Von 2016 bis Mitte 2022 war sie die Leiterin der Geschäftsstelle der ausserparlamentarischen Kommission Schweizerischer Wissenschaftsrat SWR: **************** Since December 2020, Claudia Acklin publishes an episode of a podcast every three week. "Nature and the city" deals with urban ecology, biodiversity and climate change and the implications of the latter for citizens living in cities. - Claudia Acklin studied design management, social pedagogy and journalism; she worked for more than 12 years as a journalist and documentary filmmaker. Until 2015, she has mainly been working in the educational and research field and developed new study programmes such as the BA Design Management, International (DMI) at Lucerne School of Art and Design or a research group on design management and design innovation. She also is a founding member of the association “Swiss Design Transfer”, a regional centre for design promotion and support for SMEs. And she was the founder and first managing director of the Creative Hub, a platform to support start-ups of the Swiss design sector. She holds a PhD in design from Lancaster University/Imagination with a special focus on innovation and design management. From 2016 until mid 2022 she was the head of the secretariat of the extra-parliamentary commission Swiss Science Council SSC.

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