
Frühlingsblumen von der Elfenau in Bern
Der Frühling war wohl noch nie so schön, wie in den letzten Wochen: Viele Bäume trugen Blüten im Übermass, so beispielsweise unsere Buche, die unseren Rasen mit diesen zarten altrosa Pusteln voll geregnet hat, bis das Grass nicht mehr zu sehen war. Oder die Rosskastanien, die mehr dieser Kandelaber-artigen Blütenstände in Weiss oder Rosa tragen als sonst; selbst eine zart-gelb blühende Edelkastanie sehen wir auf unseren Spaziergängen, die wegen diverser Krankheiten selten geworden sind. Oder Rhododendron-Sträucher, die dieses Jahr übergrosse Blüten machen, die tiefe Einblicke auf ihre Stempel erlauben. Und ich bekam Lust darauf, einen Blog mit dem Titel „Mein ökologisches Tagebuch“ zu führen.
Heute geht mir etwa durch den Kopf: wie in Schottland! Aufgrund des milden Klimas und wohl wegen der häufigen Regengüsse schienen mir die Pflanzen dort letztes Jahr alle grösser, höher, üppiger und teilweise auch wilder zu sein als hier. Unsere Ferienreise fand im Juli statt, wir hatten Glück damit: Während in Schottland erträgliche Sommertemperaturen herrschten, war es in Bern brütend heiss.
Unseren schönen Frühling hier haben wir gewiss dem milden Winter und der frühzeitigen Wärme zu verdanken. Von Mitte März bis vor wenigen Wochen war es trocken und zeitweise fast schon heiss. Rund drei Wochen zu früh gab es die ersten Forsythien zu sehen und andere Frühblütler. Diese klimatischen Faktoren brachten die oben beschriebene Blütenpracht hervor und jetzt – nach einigen Wochen Regen – ein ebenso sattes Grün.
Frühzeitige Wärme
Ich wäre begeistert, wäre ich nicht gleichzeitig beunruhigt. Während mir die Naturspaziergänge und unser Garten das Corona-Lockdown versüsst haben, stelle ich mir die Frage, wie es demnächst, wie es im Sommer sein wird. Wird wieder eine Hitzewelle auf uns zu rollen? Heute finde ich im Online Magazin „Republik“ folgenden Artikel: „Ist der Frühling noch wie früher?“ von Arian Bastiani. Während die lange Periode der Trockenheit noch nicht unbedingt ein Zeichen für den Klimawandel darstellt, ist die Wärme wohl eher ein Indikator dafür.
Die frühzeitige Wärme hat das Wachstum und die Blüte von bspw. Kirschbaum, Buschröschen und Buche hervorgebracht. Für die verlängerte Vegetationsphase brauchen diese Pflanzen mehr Wasser, was die Bodenfeuchtigkeit sinken lasse. In den letzten Jahren sei die oberste Erdschicht trockener geworden. Dadurch entsteht ein Teufelskreis von höheren Temperaturen, die dem Boden die Flüssigkeit entziehen und der Boden wird trockener. „Das wiederum bedeutet, dass mit der Zeit immer weniger Wasser verdunsten kann. Somit entfällt auch die kühlende Wirkung der Verdunstung zunehmend – und die Böden werden zusätzlich wärmer.“ Und dies führe letztlich wiederum zum heisseren (wenig durch die Aktivität der Bäume gekühlte) Sommern.
Mein ökologisches Tagebuch
Ich hatte den Eindruck, dass unsere Buche in diesem Jahr besonders schön blüht. Die Blätter erschienen mir Orange zu sein, wegen der feinen Hüllen um Blätter und Blüten. Ich habe eine Fotografie zu einer Cousine in das italienische Lockdown geschickt, das strenger und früher umgesetzt wurde als bei uns. Sie konnte von ihrem Haus aus nur gerade einen Zipfel eines Baumes erkennen. Sie war erfreut über diesen Einblick in die Natur. Und doch frage ich mich besorgt, ob wir die Pracht dieser Saison dem Klimawandel zu verdanken haben und ob dieses heftige Frühlingserwachen der Buche wohl gut tut. Ich werde sie weiter beobachten, auch für mein ökologisches Tagebuch.